Steinkreuz

Das mächtige Steinkreuz ist das älteste Denkmal in Klaffenbach. Es wurde aus Kapellenberger Porphyrtuff gefertigt und ist 1,60 m hoch, 90 cm breit und 35 cm tief. Eingeritzt ist ein Schwert von 1 m Länge; es steht auf der Spitze und hat einen zwiebelförmigen Knauf und eine kurze, gerade Parierstange.

Das Steinkreuz im Jahr 1863 / Zeichnung aus dem Untersuchungsprotokoll / Pfarrarchiv Neukirchen, Nr. 725 / © Ev.-Luth. Kirchgemeinde Neukirchen

Standort

Das Steinkreuz mit dem eingeritzten Schwert befand sich ursprünglich am nördlichen Rand des Klaffenbacher Oberdorfs, genauer gesagt auf dem Flurstück 236 des Bochmannschen Hofs (etwa hinter den Häusern Hauptstraße 147 und 151, in der Nähe des St.-Arno-Wegs). Da es auf einer sehr sumpfigen Wiese stand, sank es immer wieder um.

Im Jahr 1826 wurde es wiederaufgerichtet und dann wieder 1863; damals wurde zusätzlich eine Umfriedung angelegt. Bei dieser Gelegenheit vermaß man es genau und fertigte eine Zeichnung an. Man befragte auch fünf ältere Klaffenbacher nach ihren Erinnerungen. Die Seite mit dem Schwert zeigte ursprünglich Richtung Hang, die Seite zum Dorf hin soll eine Inschrift getragen haben, die aber im 19. Jahrhundert schon längst verwittert war.

Die Neugestaltung im Jahr 1863 / Lageplan aus dem Bauantrag / Pfarrarchiv Neukirchen, Nr. 725 / © Ev.-Luth. Kirchgemeinde Neukirchen

Um 1905 umzäunte man das Areal und pflanzte vier Bäume.

1964 wurde es an den heutigen Platz oberhalb der Schule umgesetzt.

2024 wurde das Denkmal konserviert und die Grünflächen und die Treppe erneuert. Der Geschichtsverein Klaffenbach hat ein Pult mit einem Informationstext beigesteuert.

Datierung

Das Kreuz stammt eindeutig aus dem Mittelalter, als Klaffenbach zur Benediktinerabtei Chemnitz gehörte. Es ist aus Porphyrtuff, der von einem mittelalterlichen Steinbruch des Klosters am Chemnitzer Kapellenberg stammte.

Diese Datierung wird noch präzisiert durch die Form des Schwerts; ein zwiebelförmiger Knauf und eine kurze gerade Parierstange waren im 14. und 15. Jahrhundert gebräuchlich.

Sühnekreuz

Wenn im Mittelalter jemand durch Totschlag ums Leben kam, so musste der Täter (oder seine Verwandten) Sühne leisten. Häufig gehörte dazu die Auflage, ein Sühnekreuz zu errichten; in Sachsen gibt es Hunderte von Beispielen dafür, wie Kufal gezeigt hat. Es sollte an die Tat erinnern und zum Gebet für das Opfer einladen. So konnte dessen Seele ihren Frieden finden; viele glaubten nämlich, dass sie sonst ruhelos unter den Lebenden umherirren würde. Auch das Klaffenbacher Steinkreuz wurde sehr wahrscheinlich als Zeichen der Sühne errichtet. Wir wissen nicht, wer das Verbrechen begangen und das Kreuz gestiftet hat. Aber immerhin verrät uns das Schwert, wie das Opfer getötet wurde und welchem Stand der Täter angehörte. Es war sehr wahrscheinlich ein Adliger, denn sie trugen solche Waffen.

Andere Deutungen

Um dieses Kreuz ranken sich Legenden, und immer wieder hat man sich bemüht, Erklärungen für den ursprünglichen Zweck zu finden.

Bischof Arn von Würzburg

Bischof Arno oder Arn war eine reale historische Persönlichkeit. Sein Tod am 13. Juli 892 ist das früheste genau datierte Ereignis in der Gegend um Chemnitz. In zeitgenössischen Quellen wird der Hintergrund greifbar: ein Konflikt des ostfränkischen Königs Arnulf mit dem aufstrebenden Reich der Mährer. Seit 855 war Arn nicht nur das geistliche Oberhaupt seiner Diözese Würzburg gewesen, sondern war in seiner weltlichen Stellung als Fürst auch dem König zur Heeresfolge verpflichtet. Mehrfach hatte er sich bereits als Heerführer in Kriegen bewährt und sollte nun gemeinsam mit den Truppen des thüringischen Herzogs Poppo nach Böhmen ziehen. Ein Ritter Heio berichtete später als Augenzeuge, dass der Bischof gleich beim ersten Aufeinandertreffen der Heere getötet wurde und dass dann die Schlacht mit einer chaotischen Flucht endete.

Mit zunehmendem zeitlichem Abstand der Chronisten von dem geschilderten Ereignis wurde der Tod Arns immer mehr ausgeschmückt, wobei die kriegerische Rolle Arns allmählich verdrängt wurde. Bereits Anfang des 11. Jahrhunderts stellte der Merseburger Bischof Thietmar in seiner Chronik Arn als frommen Heidenmissionar dar und verklärte ihn zum Märtyrer. Eine Veröffentlichung Adam Daniel Richters aus dem Jahre 1756 brachte schließlich Thietmars Überlieferung erstmals mit Klaffenbach in Verbindung, ohne jedoch das Steinkreuz zu erwähnen.

Als das Kreuz in Klaffenbach im Jahre 1863 wiederaufgerichtet wurde, berichteten die Zeitzeugen übereinstimmend, dass es an den christlichen Missionar Arn erinnern sollte, der hier von den heidnischen Sorben getötet worden sei; es sei allerdings nicht sein Grab, denn er sei in Colditz beerdigt worden. Diese volkstümliche Überlieferung führte zum Namen „St. Arnokreuz“; auch der „St.-Arno-Weg“ in der Nähe der Fundstelle erinnert daran.  

Gegen diese örtliche Tradition spricht, dass man im Mittelalter auf einem Gedenkstein für einen Bischof sicher nicht ein Schwert abgebildet hätte, sondern eine der bischöflichen Insignien, z. B. den Hirtenstab. Außerdem verlief damals der Fernweg Richtung Böhmen nicht hier, sondern östlich der Chemnitz bei Kleinolbersdorf und Dittmansdorf.

Gerichtszeichen

2023 ist eine rechtsgeschichtliche Untersuchung von Stefan Altensleben erschienen, in der er die Steinkreuze umfassend aufarbeitet und die herkömmliche Ansicht, die auf Kufals 1928 erschienenen Werk beruht, in Frage stellt. Altensleben betont, dass eine Waffe auf einem Steinkreuz nicht automatisch bedeuten muss, dass es sich um einen Sühnestein handele und dass das Mordwerkzeug abgebildet sei. Viel häufiger sind andere Aspekte der Justiz gemeint:

  • Eine Schwertdarstellung verweist oft auf einen Ort, wo Recht gesprochen wurde und wo es – wegen des Gerichtsfriedens – nicht gestattet war, eine Waffe zu tragen.
  • Beim Schwören nach alter germanischer Tradition erhob man die rechte Hand zum Eid, währende die linke den Knauf oder den Griff des Gerichtsschwerts umfasste. Wenn man den Schwur unter freiem Himmel leistete, dann stand es senkrecht, mit der Spitze im Boden.
  • Ein Schwert konnte auch signalisieren, dass an diesem Ort die Hohe Gerichtsbarkeit ausgeübt wurde, d. h. Todesurteile vollstreckt wurden.

Es muss also in jedem Einzelfall geprüft werden, ob nicht einer dieser Orte der Justiz gemeint war; sie lagen übrigens oft an einer bedeutenden Straße.

Altenslebens konkrete Überlegungen zu Klaffenbach sind allerdings unzutreffend, denn er schreibt das Kreuz der Gerichtsbarkeit des Ritterguts Neukirchen zu. Dies ist jedoch erst nach der Aufhebung des Klosters entstanden. Wenn wir seine Kriterien auf das Klaffenbacher Kreuz anwenden, dann gibt es am ursprünglichen Fundort weder eine befahrene Straße noch einen Gerichtsort.

Bezieht man auch die Umgebung ein, dann erweitern sich die Möglichkeiten.

  • Auf der Höhe führt eine Straße von Chemnitz ins Erzgebirge (nach Thum und Ehrenfriedersdorf). Sie war aber in den Jahrhunderten vor den Silberfunden im mittleren Erzgebirge nur von geringer Bedeutung. Über ihre genaue Führung ist nichts bekannt, aber sie könnte der heutigen Trasse der B 95 nach Annaberg entsprochen haben.
  • Von ihr zweigt bei der Bergschänke ein Weg nach Berbisdorf ab. Auf halber Strecke ist auf einer Karte von Zimmermann (um 1620) ein „Gericht an einer Eiche“ eingetragen.
  • Auf eine Richtstätte verweist der alte Flurname „Galgenbusch“. So heißt eine kleine Erhebung an der Grenze der Gemarkungen von Klaffenbach und Burkhardtsdorf. An dieser Stelle würde ein Galgen der mittelalterlichen Herrschaft des Klosters wie auch des neuzeitlichen Ritterguts Neukirchen Sinn ergeben. Leider haben wir keinen schriftlichen Beleg zu einer solchen Hinrichtungsstätte.

In beiden Fällen wäre aber erklärungsbedürftig, wie und warum der Stein an seinen späteren Platz kam. Fundort und Gerichtseiche sind immerhin 800 m entfernt, zum Galgenbusch ist es doppelt so weit. Außerdem liegen beide Gerichtsplätze ca. 70 Meter höher als die Bochmannsche Wiese.

Grenzstein

Manche sahen in diesem Kreuz einen Grenzstein des Chemnitzer Klosters. Eine Grenze verlief im Norden auf der Höhe; die Nachbardörfer Eibenberg und Berbisdorf gehörte den Herren von Waldenburg. 1381 stießen sie diese kleine Exklave ab und verkauften sie an die Stadt Ehrenfriedersdorf. Auch später blieb hier die Grenze, zunächst des Ritterguts Neukirchen und dann der Ämter Chemnitz und Wolkenstein.

Doch diese Deutung ist aus mehreren Gründen unwahrscheinlich:

  • Klöster als geistliche Institutionen verwendeten nicht das Schwert als Zeichen ihrer Macht, das kommt nur bei den weltlichen Herren vor.
  • Könnte es eventuell ein Grenzstein der Waldenburger gewesen sein? Dagegen spricht, dass der Block aus einem Steinbruch des Klosters Chemnitz stammt. Man könnte allerdings die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die Waldenburger den Block vom Kloster gekauft hätten.

Der nächstgelegene Punkt an der Grenze befand sich bei der Gerichtseiche kurz von Berbisdorf. Man müsste dann allerdings plausibel machen, wie und warum er so weit bewegt worden ist.

Literatur

Gustav Adolf Kufahl: Die alten Steinkreuze in Sachsen. Ein Beitrag zur Erforschung des Steinkreuzproblems, Dresden 1928, S. 92, 113, 116 (Abb. 72), 172ff.

Frank Müller, Das Steinkreuz in Klaffenbach und der Bischof Arn von Würzburg.

Stephan Altensleben, Rätselhafte Steinkreuze – die Entdeckung ihrer wahren Bedeutung. Eine rechtsarchäologische Untersuchung, Langenweißbach 2023, S. 188, 319 (Abb. 414)

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Eine Antwort

  1. Stephan Altensleben sagt:

    Sehr geehrter Herr Grun,
    ich habe Dr. Schuler zwei E-Mails zur Frage des Alters und der Bedeutung Ihres Steinkreuzes in Klaffenbach geschickt. Es spricht sehr viel für einen Gerichtsstein des weltlichen Adels nach Ende der klösterlichen Gerichtsbarkeit des Chemnitzer Klosters beim „Gericht an der Eiche“, der vorher vielleicht schon an einem anderen Gerichtsplatz gestanden haben könnte (Zweitnutzung).
    Mit freundlichem Gruß
    Stephan Altensleben

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